Update: Bürokratieentlastung für Betriebe: Viele Fragen, kaum Ergebnisse


Von:  BV, GIT - Isabel Birk / 30.10.2023 / 07:45


BERLIN. Das Bundesjustizministerium hat einen Sonderbericht zum Stand des Bürokratieabbaus veröffentlich. Das Ergebnis bleibt für Betriebe trotz "Wachstumschancengesetz" ernüchternd.


  • Getty Images/iStockphoto
  • Business accounting concept, Business man using calculator with computer laptop, budget and loan paper in office.

Im Januar 2023 ludt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz 71 Verbände zu einer Online-Befragung zum Thema "Bürokratieabbau" ein. Weitere 34 Verbände nahmen bis Anfang März 2023 Stellung. Ziel war die "Erfassung eines Entlastungspotenzials" zum Bürokratieabbau, verbunden mit der Aufforderung, auch Vorschläge zu unterbreiten.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Auf 707 Seiten wurden 442 Vorschläge von 57 Verbänden in fünf Kategorien komprimiert und priorisiert. Kategorie 1 wird umrissen mit "Potenziell geeignet für unmittelbare gesetzliche Maßnahmen der Ressorts oder in einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Kategorie 2 wurde gebündelt unter dem "Prüferfordernis, ob mit entsprechender gesetzlicher Regelung oder mit einer untergesetzlichen Maßnahme die Rahmenbedingungen für Verfahrensverbesserungen geschaffen werden können". Als denkbare Entlastungen für Betriebe werden für das sog. "Wachstumschancengesetzes" genannt (Auszug):

  • Anhebung der handels- und steuerrechtlichen Schwellenwerte für die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht auf 800.000 Euro sowie der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung.
  • Anhebung der GWG-Grenze von 800 auf 1.000 Euro
  • Erhöhung der Nichtaufgriffsgrenze bei der Erbschaftsteuer
  • Anhebung der Grenzen für die Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften (auf 750.000 Euro)
  • Einführung von 1.000 Euro Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung zwischen inländischen Unternehmen
    Das BMJ hat die voraussichtliche Entlastung mit ca. 1,357 Mrd. Euro/Jahr berechnet. Dabei hat die Praxis in Bau- und Ausbaubetrieben überhaupt nicht berücksichtigt: Einbehalte und Rechnungskürzungen von Archtitekten, die quasi ausnahmslos dazu führen, dass Rechnungen storniert und neu ausgestellt werden müssen. Das bedeutet weder auf der Seite des Rechnungsstellers noch des Rechnungsempfängers Einsparpotential, sondern eher Mehraufwand
  • Wegfall der USt-Jahreserklärung für Kleinunternehmer
  • Quartalsweise USt-Erklärungen und Wegfall der USt-Vorauszahlung bei Steuerlast im Vorjahr von unter 1.000 Euro
  • Maßnahmen zur Vereinfachung sowie Mondernisierung von Steuersystem und Steuerrechts:
    • Wegfall der Begrenzung der Pauschalbesteuerung bei der Gruppenunfallversicherung,
    • Vereinfachung der Berechnung der Lohnsteuer im Zusammenhang mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn,
    • Erhöhung der Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt,
    • Digitalisierung des Spendenverfahrens durch Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters,
    • Anhebung der Freigrenze bei privaten Veräußerungsgeschäften auf 1.000 Euro,
    • Beseitigung des Schriftformerfordernisses an verschiedenen Stellen des „Riester-Verfahrens“ durch Ermöglichung der elektronischen Datenübermittlung.

Nach Wachstumschancengesetzt war darüber hinaus noch die Einführung der degressiven AfA für Wohngebäude (6% mit Baubeginn ab 1.10.2023 für 6 Jahre) im Gespräch, eine Reduzierung der Zeitspanne für die Auflösung von Sammelposten auf 3 Jahre, eine Erhöhung der Sonderabschreibung auf 50% der Investitionskosten für bewegliche Wirtschaftsgüter nach dem 31.12.2023 und bspw. eine Anhebung der Freigrenze für Geschenke auf 50 Euro.

Stellt man diesem Sammelbecken die Dokumentationspflichten nach Lieferkettensorfgfaltspflichtengesetz (LKSG) sowie die kommende Nachhaltigkeitsberichterstattung gegenüber, können Betriebe wohl nicht mit einer Bürokratieentlastung rechnen, sondern im Gegenteil mit wachsenden Verwaltungs- und Dokumentationspflichten. Das wird es noch einmal schwerer machen, junge Menschen im Handwerk für einen Sprung in die Selbstständigkeit zu begeistern.


Willkommen im Mitgliederportal!
×

Diese Webseite verwendet nur technisch erforderliche Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie in unsererDatenschutzerklärungOK